GEHORCHE KEINEM

Universitäts- und Landesbibliothek Münster

Mit dem plakativen – und für manche auch provokativen – Schriftzug „Gehorche keinem“ ruft Babak Saed dazu auf, um die Ecke zu denken und Informationen kritisch zu hinterfragen.

Kunst
Künstler*inBabak Saed
Entstehungszeit2009
MaterialLED, Kunststoffbuchstaben, Metallrahmen
Maße2 m hoch, 12 cm stark, Gesamtlänge 28 m
VerfahrenDirektauftrag nach Auswahlverfahren
Kosten65.000 €
Bau
AdresseKrummer Timpen 3
48143 Münster
Erweiterung2007–2009 Pfeiffer Ellermann Preckel
BauherrBLB NRW Münster (2007-2009)
StandortFassade am Haupteingang
Route in Google Maps
Karte
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Sanierung und Erweiterung eines 70er-Jahre-Baus

Optimale Bedingungen für ein zeitgemäßes Studium sollte der zwischen 2007 und 2009 realisierte Umbau der Universitäts- und Landesbibliothek Münster (ULB) schaffen. Die Baumaßnahme umfasste drei Abschnitte: die Sanierung des 1973 bezogenen Altbaus, die Erweiterung des Foyers und die Aufstockung des Hauptgebäudes sowie die Errichtung zweier ergänzender Neubauten. An der Straße Krummer Timpen markiert das sogenannte Torhaus, in dem Seminarräume untergebracht sind, den neuen Hauptzugang zum Bibliothekskomplex. Dahinter entstand das riegelförmige Lesesaalgebäude, das sich über eine gläserne Brücke mit dem Altbau verbindet. Im Inneren des Ensembles setzt das erweiterte und neugestaltete Foyer einen architektonischen Akzent.

Kunst mit Signalwirkung

Blickfang ist vor allem der großen rote Schriftzug, der sich über die Ecke der Glasfassade zieht. „GEHORCHEKEINEM“ rät die Installation des Künstlers Babak Saed, für deren Realisierung 65.000 Euro aus dem Kunst-und-Bau-Etat des Landes zur Verfügung gestellt wurden. Die Leuchtbuchstaben der Installation sind 2 Meter hoch und 12 Zentimeter stark und erstrecken sich über eine Länge von insgesamt 28 Meter. Die rote Farbe leitete Saed von den Ziegelfassaden der angrenzenden Gebäude ab. Tagsüber besitzt die Installation Signalwirkung und Strahlkraft; wenn mit Einbruch der Dämmerung die LED-Leuchten eingeschaltet werden, fällt ein rötlicher Schein auf die Glasscheiben und die umgebenden Flächen und schafft so eine optische Verbindung zwischen den Gebäuden und dem Kunstwerk.

Perspektivwechsel

Der Schriftzug ist nicht auf einen Blick zu erfassen. Um beide Wörter lesen zu können, muss der Betrachter die Perspektive wechseln. Und genau darum solle es, so der Künstler, auch in der Bibliothek gehen, deren Aufgabe nicht nur die Vermittlung von Wissen, sondern auch die Förderung von Medienkompetenz sei. „Es gilt, die Offenheit und die Fähigkeit zu besitzen, den Blickwinkel zu ändern, einmal erlernte Regeln in Frage zu stellen und durch deren Bruch Neues entstehen zu lassen“, erklärt Babak Saed. Mit seiner Arbeit will er Wissenschaftler und Studenten dazu aufrufen, neugierig zu sein, Informationen zu hinterfragen und mit Medien kritisch umzugehen, statt blind zu gehorchen. Die Aufforderung, „um die Ecke“ zu denken, findet ihre Entsprechung in der räumlichen Anordnung der Installation.

Anarchie auf dem Campus?

Saed selbst versteht seinen in sich widersprüchlichen Satz „Gehorche keinem“ als „spielerische und zugleich humorvolle“ Auseinandersetzung im Umgang mit Regeln und deren Bruch. Unter den Angehörigen der Universität und in der Münsteraner Öffentlichkeit führte das Kunstwerk bei seiner Einweihung 2009 jedoch auch zu kontroversen Debatten. „GEHORCHEKEINEM“ rufe zu Anarchie auf und gefährde Freiheit und Demokratie, befürchteten einige Kritiker. Andere glaubten in dem Kunstwerk sogar Gotteslästerung zu erkennen. Gerade dieses Potenzial, zu provozieren und Diskussionen auszulösen, sei die Stärke des Kunstwerks, lobten die Befürworter. Trotz oder vielleicht wegen dieser gegensätzlichen Resonanz ist die Installation heute das inoffizielle Markenzeichen der ULB.

Vita

Babak Saed, geboren 1965 in Maschhad, Iran, lebt und arbeitet in Bonn. Nach einem Studium der Volkswirtschaftslehre begann Babak Saed 1998 seine Künstlerlaufbahn. Er realisierte zahlreiche Installationen im öffentlichen Raum sowie Kunst-und-Bau-Projekte. Als Konzeptkünstler setzt er vorrangig das Medium Sprache in Video-und Audioarbeiten sowie Wandarbeiten ein. 2000 erhielt er den Kunstpreis der Stadt Bonn.