Ohne Titel (Fassaden)

Hyatt Pavillons am Rheinboulevard

Zwei gläserne Pavillons am Rhein: Mit seiner Fassadengestaltung schafft Kogler einen Ort zwischen Technik und Poesie.

Kunst
Künstler*inPeter Kogler
Entstehungszeit2017–2018
Materialbedrucktes Glas, bedruckte Metallpaneele
MaßeGrößte Glasscheibe ca. 150 cm x 430 cm, Gewicht bis zu 400 kg
Verfahrenjurierter Wettbewerb unter acht bzw. drei (engere Auswahl) eingeladenen Künstler*innen
Bau
AdresseKennedy-Ufer 2A
50679 Köln
Bauzeit2017–2018
Architekt*innenGatermann + Schossig Architekten
BauherrBrandenburg Barrel Cologne Buy CO B. V. vertreten durch shore capital, London
StandortSeiten- und Rückwände sowie Dächer
Route in Google Maps
Karte
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Ein Ort zwischen Stadt, Fluss und Blick.

In unmittelbarer Nähe zum Rheinufer, gegenüber dem Dom und der Altstadt, sind die Hyatt-Pavillons wie zwei gläserne Kristalle im Stadtraum positioniert. Entwickelt wurden sie im Jahr 2013 von Gatermann + Schossig Architekten als Ergänzung des Rheinboulevards, zugleich als Orte, die sich bewusst vom Bild klassischer Gebäude lösen. Anstelle von massiven Baukörpern wurden transparente Kuben errichtet, die sich harmonisch in die Uferpromenade einfügen. Transparenz bildete das Leitmotiv: Sowohl das Innere als auch das Äußere sollten ineinander übergehen, das Offene sollte den Charakter des Ganzen bestimmen.

Die architektonische Reduktion erforderte höchste technische Präzision. Jeder Pavillon besteht aus raumhohen Gläsern, die eine Länge von bis zu 4,30 Metern und eine Breite von bis zu 1,50 Metern erreichen können. Das Gesamtgewicht pro Scheibe beläuft sich auf nahezu 400 Kilogramm. Insgesamt wurden je Pavillon 142 Paneele gefertigt, darunter 70 Gläser und 72 Metallplatten für das Dach. Letzteres bildet eine sogenannte "fünfte Fassade" und ist von der Hohenzollernbrücke sowie dem Hyatt Hotel aus zu sehen. Auf allen Paneelen wurde das Ornament des Künstlers Peter Kogler in modernem Digitaldruck aufgebracht. Das Linienmuster wurde im Vorfeld in einem Schnittmuster zerlegt, um eine exakte Übereinstimmung mit den Kuben zu gewährleisten.

Des Weiteren war es erforderlich, die Technik in die reduzierte Formensprache zu integrieren. Ein innerer Betonkern gewährleistet die statische Aussteifung, ohne dass er sichtbar wäre. Die Lüftungs- und Küchentechnik wird vollständig in der Dachkonstruktion integriert. Die Rheinseite präsentiert sich als transparente, unbedruckte Glaswand, die mittels großflächiger Schiebewände vollständig geöffnet werden kann. Auf diese Weise werden Terrasse, Flussraum und Innenraum zu einer einzigen Bühne verbunden.

Das Ornament Koglers, eine oszillierende, dreidimensional wirkende Struktur, die von der Spiegelung der Hohenzollernbrücke im Wasser inspiriert wurde, legt sich über drei Glaswände und das Dach. Die Wirkung ist abhängig vom Lichteinfall und kann sich als grafisch klar oder fließend, vergleichbar mit der Bewegung einer Wasseroberfläche, präsentieren. Die Pavillons repräsentieren somit nicht nur funktionale Bauwerke, sondern raumgreifende Kunstwerke, welche Architektur, Technik und künstlerische Gestaltung auf einzigartige Weise miteinander vereinen.

Stimmen, Wind und Wasser.

Die Hyatt-Pavillons sind nicht nur funktionale Gastronomieeinheiten, sondern sie akzentuieren den Rheinboulevard auch rhythmisch. Aus der Distanz, vom gegenüberliegenden Ufer oder von der Hohenzollernbrücke aus, erscheinen sie als gläserne Körper, beinahe losgelöst von ihrer Umgebung. Das ornamentale Muster des Stoffes oszilliert und changiert je nach Tageszeit und Lichteinfall. Mal durchlässig, mal verdichtet, dann wieder wie Spiegel, die Himmel, Fluss und vorbeiziehende Passanten zurückwerfen. Dieser Effekt trägt dazu bei, dass sie schwer fassbar sind: Sie entziehen sich dem klaren Status eines Gebäudes und nehmen stattdessen eine skulpturale Präsenz im Stadtraum ein.

Im Vorübergehen verändert sich die Wahrnehmung stetig. Bei Betrachtung der Fassaden wird deutlich, wie sich das Muster verändert und neue Tiefen eröffnet, wie sich Linien zu Netzen verdichten oder sich auflösen, sobald der Blickwinkel wechselt. Die Pavillons ziehen den Blick der Betrachter an und lenken ihn zugleich weiter auf die Weite des Rheins, die markante Silhouette der Brücke oder den Dom, der hinter allem als Zielpunkt steht.

Im Inneren entfaltet sich ein gegenteiliger Eindruck: Die bewegte Außenhaut transformiert sich in eine helle, offene Weite. Die Glasflächen lassen Licht hereinströmen und die großen Schiebewände zur Rheinseite können vollständig geöffnet werden. In diesem Moment verschwimmen die Grenzen – man sitzt geschützt, aber zugleich mitten im Stadtraum, umgeben von Stimmen, Wind und Wasser. Die Pavillons sind somit keine abgeschlossenen Räume, sondern Übergänge: Schwellen zwischen Innen und Außen, zwischen alltäglichem Aufenthalt und ästhetischem Erlebnis.

Gerade darin liegt ihre emotionale Wirkung. Die Objekte sind nicht spektakulär im klassischen Sinne, sondern subtil und beinahe selbstverständlich in die Umgebung eingefügt. Wer jedoch innehält und sich auf die Umgebung einlässt, dem wird bewusst, wie sehr sie das Erleben des Ortes intensivieren. In diesem Etablissement wird ein Glas Wein mit Blick auf den Dom zu einer Inszenierung von Stadt und Landschaft. Architektur, Kunst und Natur verweben sich zu einer Bühne, auf der Passanten Teil des Geschehens werden.

Die Hyatt-Pavillons haben sich zu einem identitätsstiftenden Element des Rheinboulevards entwickelt. Die Objekte sind Landmarken, die sich durch ihre Transparenz und Ornamentik als leise und zurückhaltende Elemente präsentieren, jedoch Offenheit symbolisieren. Es wird demonstriert, dass Architektur als ein Ort der Erfahrung betrachtet werden kann, wenn sie nicht nur Räume kreiert, sondern auch die Wahrnehmung formt und den öffentlichen Raum neu interpretiert.

Galerie
Vita

Peter Kogler, geboren 1959 in Innsbruck, lebt und arbeitet in Wien. Nachdem er von 1974 bis 1978 die Kunstgewerbeschule in Innsbruck besucht hatte, studierte er bis 1979 an der Akademie der bildenden Künste Wien. Von 1986 bis 1987 lehrte er an der Städelschule in Frankfurt am Main, ab 1993 an der Akademie der bildenden Künste Wien. Seit 2008 hat Peter Kogler eine Professur für Grafik an der Akademie der Bildenden Künste München inne. Bei der Erstellung seiner großflächigen grafischen Arbeiten nutzt der mehrfach ausgezeichnete Medienkünstler Computeranimationen und Videoinstallationen. Zu seinen Werken im öffentlichen Raum zählen unter anderem die Wand- und Deckengestaltung des Grazer Hauptbahnhofs und eine Installation im U-Bahnhof am Wiener Karlsplatz.

Weitere Informationen
LinksSupergelb Architekten: Projektseite zu den Hyatt Pavillons
Quellen„Kistendenken hat mich schon immer gestört“. Interview mit Dörte Gatermann in „Kunst und Bau“, Baukultur NRW-Themenheft Nr. 1, 2021